Amazonas statt Amazon.com

Die Shuar sind ein Naturvolk, Schamanen oder leben zumindest im Einklang mit der Natur. Bei Recherchen im Internet über die indigene Gruppe der Shuar, bei denen ich einen Freiwilligendienst ableiste, trifft man häufig auf solch schwammige Aussagen. Doch was bedeutet es im Einklang mit der Natur zu leben/ von der Natur zu leben?

Für mich bedeutet das Leben in/ von der Natur, in der selbigen zu überleben, Nahrung und benötigte Hilfsmittel aus dieser zu beziehen. So erscnließt es sich aus der Blogüberschrift (zugegebenermaßen Maja's Idee), dass im Regenwald lebende Indigene nicht einfach Amazon als Onlineversandhandel konsultieren können, sondern das grüne und kostenlose Potential ihrer Umwelt zu nutzen wissen. So bietet das Habitat des Regenwaldes für viele Bedürfnisse eine Antwort. Dabei kann es sich um Mittel zum Mosquitoschutz, Heilpflanzen und Materialien für den Wohnungsbau handeln, gleichermaßen stellt die Natur aber auch starke Gifte oder Halluzinogene zur Verfügung, welche für Fischerei und im zweiten Fall für religiöse Zeremonien verwendet werden.

In den folgenden Erläuterungen soll ein kleiner Überblick über die verschiedenen Nutzpflanzen gegeben werden, deren Nutzen im kollektiven Wissen der Shuar gespeichert ist und so von Generation zu Generation weitergegeben wird. Natürlich handelt es sich nur um eine kleine, exemplarische Auswahl an Pflanzen, viele weitere, hier nicht erwähnte Pflanzen, erleichtern das alltägliche Leben der Shuar.

Albahaca

Den geschürrten Erwartungen zum Trotze, handelt es sich bei der ersten, exotisch klingenden Pflanze um gewöhnliches Basilikum. Nutzpflanzen müssen ja schließlich nicht immer spezieller und unbekannter Natur sein um ihren Nutzen zu verrichten. Basilikum wird mit Eiern verrührt oder mit Ingwer kombiniert, manchmal auch zu Tee verarbeitet. Neben einem guten Geschmack bringt die Pflanze eine durchfallhemmende Wirkung mit sich. Als ein ehemaliger Freiwilliger jedoch seine Nudeln mot Basilikum verfeinerte, löste dies gewissermaßen Verwunderung bei meiner Gastfamilie aus.

Curcuma

Auch Kurkuma sollte in Deutschland nicht gänzlich unbekannt sein. Wie in der kalten Heimat wird Kurkuma auch im amazonischen Regenwald als Gewürz bentzt, ferner kann ein Massageöl aus diesem gewonnen werden.

Caña agria

An das Zuckerrohr erinnernd, wird die Caña Agria ("bitteres Rohr") im Munde zerkaut, der entstehende Saft wird geschluckt, der Pflanzenstiel selber wird jedoch wieder ausgespuckt. Über den Geschmack der Pflanze lässt sich streiten, nicht jedoch über ihre Funktion als Flüssigkeitslieferant. Das bittere Rohr dient dem Shuar als Wasserersatz, wenn dieser länger im Wald unterwegs ist und keinen Zugang zu Süßwasser hat, was zum Beispiel bei der Jagd oder längeren Wanderungen der Fall ist. Außerdem wird der Pflanze eine helfende Wirkung gegen Bauchkrämpfe bei Kindern nachgesagt.

Achote

Die an Bäumen wachsende Kapsel der Achote enthält mehrere Kerne und ein Konzentrat intensiver roter Farbe. Auch dieses ist verträglich und wird als Essenszusatz  verwendet. Seine leuchtend rote Farbe bietet sich jedoch auch vorzüglich für Tattoowierungen an, die mit Wasser und ein bisschen Seife leicht abwaschbar sind. Bei traditionellen Zeremonien und historischen Darstellungen in Schauspielform werden jene Bemalungen ebenso verwendet, wie für abenteuerlustige Touristen im Projekt Selvavida.

Carauasca

Traditionell errichtete Shuar- Behausungen verdienen an sich einen eigenen Blogeintrag in Anbetracht der Bauweise, bei der weder ein Nagel, noch ein vorgefertigtes Stück gebraucht wird. Besonders beeindruckend dabei ist jedoch eine zum Einsatz kommende Liane, genannt Carauasca. Genauer gesagt wird diese für das Dach der Häuser verwendet, wobei die Liane die platzierten Blätter miteinander verbindet und diese zusammenhält. Dafür wird die Liane selbst

Barbasco

Grüne Blätter, dünne Stengel, steckt in der Erde - klare Sache: Pflanze. Barbasco ist jedoch aufgrund der Wirkung seines Konzentrates bei Mensch und Tier keine gewöhnliche Pflanze, der Pflanzensaft ist hochgiftig. So ist auch die Geschichte der Pflanze eine Besondere und eng mit der Kultur der Shuar verknüpft. Als polygamisch lebendes Volk, hatten Shuarmänner früher (und manchmal auch noch heute) mehrere Ehefrauen. Dabei kam es zwischen den Ehefrauen öfter zu Konflikten, die nicht immer diplomatisch gelöst werden konnten. So bekam die Barbasco-planze den Ruf das Suizidmittel der ersten Ehefrau zu sein, die die folgenden Frauen an der Seite ihres Mannes nicht akzeptieren konnte. Nach der Einnahme der Substanz bleiben dem Konsumenten ca. fünf Minuten, bis zum nicht quallosen Tod.

Termiten 

Termiten können im Dschungelalltag Fluch und Segen zu gleich bedeuten: Fluch, wenn diese beschließen die Standpfeiler einer Shuarhütte zu verspeisen und somit das Konstrukt instabil machen. Segen, wenn der Termitenbau gegen noch weitaus lästigere Gefährten eingesetzt wird. Die Rede von Mosquitos und vielen anderen fliegenden Tierchen, die es auf das Blut der Menschen abgesehen haben und sogar Krankheiten übertragen können. Um diese fernzuhalten können Termiten in der Hand zerrieben werden und danach auf der Haut aufgetragen werden. Verbreiteter ist es jedoch direkt einen ganzen Termitenbau von innen zu entzünden. Der entstehende Rauch vertreibt lauerndes Ungeziefer.


Neben diesen wenigen Verwendungsmöglichkeiten gibt es noch viele weitere, wie auch viele weiter Nutz-und Heilpflanzen, deren Nennung jedoch hier den Rahmen sprengen würden und mir zum allergrößten Teil (noch) nicht bekannt sind. In einem der folgenden Blogeinträgen werde ich auf zwei besondere Pflanzen eingehen, die auch aufgrund ihrer halluzinogenen Wirkung einen besonderen Teil der Shuar Kultur und Mythologie darstellen.