Wie geht es uns eigentlich? (Teil 1)

Heute gibt es mal einen etwas anderen Blogbeitrag. Denn Lana und mir ist aufgefallen, dass wir häufig von Bekannten die selben Fragen gestellt bekommen. Und auf "Wie ist es eigentlich so?" finden wir selten eine gute Antwort, die dem Leben hier gerecht wird. Zudem ist es ja nur eine Sicht auf das vielseitige Leben hier, die wir liefern können. Deswegen haben wir uns fünf Fragen überlegt, die gewisse Bereiche abdecken, und unseren Mitfreiwilligen gestellt.
Dabei wollen wir einerseits Einblicke in die gänzlich verschiedenen Alltäge unserer Mitfreiwilligen liefern, gleichzeitig jeden einzelnen auch zu Wort kommen lassen. Herausgekommen sind dabei elf kurze Interviews mit spannenden Geschichten, die wir Euch in zwei Blogeinträgen gerne erzählen möchten. 


Anni (von Lana interviewt)

1. Wer bist du und was machst du?

„Ich bin Anni, 19 Jahre alt und komme aus Grubach, in der Nähe von Pforzheim. Ich unterrichte dieses Jahr in einer Schule namens INEPE in Quito. Diese fördert Inklusion und beherbergt auch viele Indigene. Da die Schulen in Quito ziemlich teuer sein können, wird es den Kindern bei uns ermöglicht, auch ohne viel Geld gute Bildung zu bekommen. Jeder zahlt so viel er kann und manche bekommen sogar von Spendern weltweit finanzielle Unterstützung. Eine andere Besonderheit bei uns ist, dass die Schule nach der Suzuki-Methode unterrichtet. Dabei geht man davon aus, dass jedes Kind irgendwann seine Muttersprache nahezu perfekt beherrscht und schlussfolgert somit, dass es auch fast alles andere lernen kann."

 

2. Welches materielle Gut vermisst du?

„Ganz einfach: meine heiße Dusche!“

 

3. Und wie steht es mit dem Essen? Was magst du hier und was fehlt dir aus Deutschland?

„Also mein Lieblingsgericht ist die frittierte Aubergine, die ich etwa einmal im Monat bei meinen Gasteltern esse. Am meisten vermisse ich dafür aber auch das deutsche Brot.“

 

4. Hast du mit einer indigenen Kultur oder etwas anderem Außergewöhnlichen zutun?

"Mit indigenen Kulturen haben wir auch zutun, da viele der Kinder Kichwas sind. Da ich sie allerdings jeweils nur ein bis zwei Stunden die Woche unterrichte, lerne ich die Kultur nicht so intensiv kennen. Doch häufig erzählen sie mir Geschichten davon. Beispielsweise als ich mich letztens nach Weihnachten erkundigte und sie mir sagten, dass sie dieses gar nicht feiern würden. Was mich aber auch beschäftigt, sind die Fragen, mit denen die Kinder mich häufig konfrontieren. Häufig werde ich Dinge gefragt wie, ob ich reich bin, weil ich blond bin.“

 

5.  Dein Projekt wurde als sehr musikalisch ausgeschrieben. Doch du wirst größtenteils im Englischunterricht gebraucht und hast weniger mit Musik zutun, als gedacht. Wie ist das für dich?
„Ich hätte sehr gerne mit einem Projekt zutun, das musikalischer ist. Aber jetzt, wo ich hier bin, und es mir so gut gefällt und ich die Menschen mag, mit denen ich arbeite, kann ich sehr gut damit leben. Und dafür sind Bianca und ich jetzt im Chor und haben auch vor, Musikunterricht zu nehmen, da an unserer Schule einige Profis sind.“

Unknown-5

 

(Blog von Anni: www.anniinecuador.blog.com)

 

Bianca (von Jacob interviewt)

1. Wer bist du und was machst du?
"Ich bin Bianca, 18 Jahre alt und komme aus Brühl, eine schöne Stadt in der Nähe von Köln. Ich mache hier in Ecuador einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst. Ich arbeite in Quito im INEPE (Projekt-/Schulname) und unterstütze da die Englischlehrer."
 
2. Welches materielle Gut vermisst du?
"Materielle Güter? Ich würde sagen, sowas fehlt mir gar nicht, da wir in einer sehr wohlhabenden Familie leben und deswegen vermisse ich solche Sachen nicht. Also materiell gesehen vermisse ich so nichts."
3. Und wie steht es mit dem Essen? Was magst du hier und was fehlt dir aus Deutschland?
"Das Essen hier besteht meistens aus Fleisch und Reis und Suppe. Ich feiere das ziemlich. Ich vermisse das deutsche Brot. Wir sind aber gerade dabei ein Brotrezept für unseren Ofen zu entwickeln, am Ende des Jahres werden wir Brot backen können."
 
4. Hast du mit einer indigenen Kultur oder etwas anderem Außergewöhnlichen zutun?
"Wir wohnen ja in Quito, deswegen nicht direkt. In meiner Schule kommen schon einige Kinder aus indigenen Kulturen zusammen, man hat also ein bisschen Kontakt. Zu Weihnachten führen die ganzen Klassen Tänze auf, wobei auch Tänze indigenen Ursprungs getanzt werden. Über die Schule bekommt man schon was mit, jedoch nicht viel näher. Meine Familie ist auch nicht indigen."
5. Du kommst ja aus einer eher beschaulichen Stadt (Brühl), wie hast du Dich an das Großstadtleben in Quito gewöhnt? Wie fühlst Du dich?

"Das ist gar nicht vergleichbar, auch nicht mit Köln oder so (nächstgrößere Stadt). Es ist tausendmal größer, aber man hat sich eigentlich schnell dran gewöhnt, mittlerweile haben wir auch das Bussystem durchschaut und sowas. Man kommt echt gut zurecht, es hat viele Vorteile in so einer Großstadt zu wohnen, aber es ist auch mal angenehm rauszukommen. Aber es ist schon krass, viele Leute, viele Abgase. Quito ist aber eine schöne Stadt und die Menschen sind auch mega nett."

Unknown

(Blog von Bianca: www.quemasdequito.wordpress.com)

 

Leonie (von Jacob interviewt)

1. Wer bist du und was machst du?
"Ich bin Leonie. Ich bin eine Freiwillige aus Deutschland und bin im Projekt “Yachay Wasi", eigentlich ein bildungs-ökologisches Projekt. Die erste Zeit haben wir mit Gartenarbeit verbracht, dann waren wir in den Klassen und momentan sind wir wieder ausschließlich im Garten."

2. Welches materielle Gut vermisst du?
"Hm, ein eigenes Zimmer fehlt mir, wäre ganz schön ein eigenes oder ein größeres Zimmer mit Luca (Co-Freiwillige) zu haben. Sonst gar nicht so viel, wir haben sogar einen Fernseher in der Familie. Außerdem fehlt mir eine Couch, wo man sich abends hinsetzen kann. An sich fehlen mir also eher Einrichtungsgegenstände."

3. Und wie steht es mit dem Essen? Was magst du hier und was fehlt dir aus Deutschland?
"Da ich in einer vegetarischen Familie lebe und eigentlich sehr gerne Fleisch esse, fehlt mir Fleisch sehr. Süßigkeiten und Schokolade fehlen mir auch relativ, die ich mir aber dann einfach selber kaufe, obwohl sie in Quito aber auch ziemlich teuer sind. Mein Lieblingsessen bei der Familie sind tatsächlich Bohnen."

4. Hast du mit einer indigenen Kultur oder etwas anderem Außergewöhnlichen zutun?
"Meine Gastfamilie stammt von einem Kichwa-Stamm ab, von welchem weiß ich nicht genau, da es da sehr viele Unterscheidungen bei uns gibt. Sie sprechen zu Hause auch einige Wörter Kichwa, größtenteils aber Spanisch. Meine Gastfamilie lebt die Kultur auch sehr stark aus, da mein Gastvater eine indigene Tanzgruppe leitet und diese oft zu zeremoniellen Festen eingeladen wird. Generell finde ich das Erleben der Kultur sehr interessant."

5. Inwiefern beeinflusst dich dein Weltwärtsjahr bezüglich deiner Zukunft (Beruf, Studium, Karriere...)?
"Ich hab mir davor mal überlegt, ob ich Chemielehrerin werden möchte. Jetzt habe ich festgestellt, dass ich das nicht werden möchte, Kinder sind doch anstrengender als gedacht. Vielleicht hätte ich dieses Freiwilligenjahr nicht machen sollen, sondern gleich anfangen sollen zu studieren, da es eine lange Studienzeit ist. Nun möchte ich allgemeine Chemie studieren. Trotzdem ist dieses Jahr schon interessant. Wenn es allerdings so bleibt, dass ich bei der Gartenarbeit bleiben soll, ist dieses Jahr für mich Verschwendung, da ich mich nicht für ein rein ökologisches Projekt beworben habe."

 

unnamed.png

(Blog von Leonie: www.leonieinecuador.wordpress.com)

 

Luca (von Lana interviewt)

1. Wer bist du und was machst du?
„Ich bin Luca, 18 Jahre alt und ein Jahr lang Freiwillige in Quito. Mein Projekt besteht aus einer indigenen Schule, in der wir entweder als Schulassistenz oder im ökologischen Bereich arbeiten.“

 

2. Welches materielle Gut vermisst du?
„Mein Haus, würde ich sagen, da meine Familie umzieht, wenn ich zurückkomme.“

 

3. Und wie steht es mit dem Essen? Was magst du hier und was fehlt dir aus Deutschland?
„Ich finde es cool, dass es hier so viele Fische und Meeresfrüchte zu essen gibt. Und ich liebe alles mit Mais. Mir fehlen die Gewürze, die ich von zuhause gewohnt bin, hier haben sie zwar auch manches, aber meistens wird mit Koriander gewürzt und den esse ich nicht so gerne.“

 

4. Hast du mit einer indigenen Kultur oder etwas anderem Außergewöhnlichen zutun?„Unsere Familie und auch die Leute in der Schule sind Kichwas. Deswegen besuchen Leonie und ich zum Beispiel viele Rituale und Tanzauftritte. Zum Beispiel ihre Sichtweise auf die Natur ist außergewöhnlich. Solange es den Samen gut geht, geht es den Pflanzen gut, was gewährleistet, dass es den Menschen gut gehen kann.“

 

5. Du befindest dich momentan in der Situation, dass du eher in die Gartenarbeit verwickelt wirst, statt in der Schule zu unterrichten. Gefällt es dir trotzdem?
„Tatsächlich würde ich lieber wieder Englisch-Unterricht geben, doch der Garten ist, wie eben schon erwähnt, für die Kichwas sehr wichtig. Wir kümmern uns darum, dass es den Pflanzen und dem Garten gut geht, aber trotzdem macht es mir auch sehr viel Spaß im Unterricht zu sein. Gerade in den Tagen, kurz bevor wir wieder in den Garten verlegt wurden, hatte ich das Gefühl, dass die Schüler Fortschritte machen. Ein Zusammenspiel aus beiden fände ich am besten.“

Unknown-6

(Blog von Luca: www.lucagoesecuador.wordpress.com)


Alicia (von Jacob interviewt)

1. Wer bist du und was machst du?
"Ich bin Alicia, gerade in Ecuador und mache meinen weltwärts Freiwilligendienst. Mein Projekt ist ein ökologisches Projekt in den Anden und dort arbeiten wir auf einer Finca von dem Belgier Piet, der da vor vielen Jahren angefangen hat, Renaturierung zu betreiben, weil in der Region ganz viel abgebrannt wurde. Eigentlich der ganze Wald der da ursprünglich mal war und jetzt hat er sein Stück Land mittlerweile wieder so gut aufgebaut, dass er jetzt so langsam anfängt Permakultur einzuführen. Das heißt, dass er nur von seiner Finca leben möchte, mit allen Früchte- und Gemüsesorten. So allem, was man eigentlich anbauen kann. Da helfen wir eben beim Pflanzen, Gießen, fällen Bäume oder heben Wassergräben aus."

 

2. Welches materielle Gut vermisst du?
"So spontan fällt mir da jetzt nicht so viel ein. Das kann ja irgendwie alles Mögliche sein. Bücher vermisse ich tatsächlich, ja, ich würde sagen, dass ich meine Bücher vermisse."

 

3. Und wie steht es mit dem Essen? Was magst du hier und was fehlt dir aus Deutschland?

"Am meisten vermisse ich tatsächlich Schokolade. Hier gibts zwar auch Schokolade, aber die schmeckt mir halt nicht so gut. Auch Brot. Wir backen zwar selber Brot, jedoch fehlt mir die deutsche Vielfältigkeit.
Hier esse ich dieses typisch ecuadorianische wirklich gerne, es gibt hier, wo ich lebe, ja auch nicht so viel anderes. Ja, die unterschiedlichen Arten, wie sie das Hühnchen zubereiten, schmecken mir auch alle gut. Das Gemüse ist auch ganz lecker."

 

4. Hast du mit einer indigenen Kultur oder etwas anderem Außergewöhnlichen zutun?

Hast du mit einer indigenen Kultur oder etwas anderem Außergewöhnlichen zutun?
Also, mit indigener Kultur habe ich im Projekt nichts zutun. Das Außergewöhnliche an unserem Projekt ist halt einfach, dass es echt nicht so ecuadorianisch ist. Es arbeiten da zwar Arbeiter mit und eben auch eine Frau, das ist ja nicht so typisch auf so einer Finca, aber sonst fällt mir auch nichts ein.

 

5. Es ist ja so, dass die meisten an Schulen oder zumindest mit anderen Menschen zusammenarbeiten. Nun ist es ja so, dass ihr in einem ausschließlich ökologischen Projekt arbeitet, wie sind eure Erfahrungen, was würdet ihr euch Wünschen?
"Wir arbeiten tatsächlich nicht immer alleine, da gibt es schon Arbeiter, mit denen wir auch so einmal in der Woche zusammenarbeiten. Manchmal arbeiten wir auch mit Piet zusammen. Ansonsten finde ich es sehr entspannt, alleine zu arbeiten, weil wir jetzt auch unseren eigenen Arbeitsplan schreiben. So kann man gut einteilen, wann man was macht und wie man es macht. Manchmal wäre es aber auch schön, wenn man ein paar mehr Leute um sich herum hätte. Es wäre halt generell schön, wenn im Projekt mehr Menschen unterwegs wären. Das Projekt hat halt auch sehr viel Potential und es gibt auch extra ein Freiwilligenhaus und wir sind da ja einfach im Moment die einzigen Freiwilligen. Und es wäre dann cooler, wenn es mehr Kurzzeitfreiwillige gäbe, die wir als Langzeitfreiwillige dann mitbetreuen könnten. Mittlerweile könnten wir das auch langsam, da wir auch schon dazu gelernt haben. Das wäre so das, was ich mir wünschen würde. Ein bisschen mehr Leben für das Projekt und eine größere Reichweite dessen, da Piet gute Ansätze verfolgt und diese mehr Leute erreichen sollten."

 

(Foto folgt, wenn technische Barrieren umgangen wurden, sorry Alicia!)

 

(Blog von Alicia: www.alicia-in-ecuador.blogspot.de)


Paula (von Lana interviewt)

1. Wer bist du und was machst du?
"Ich bin Paula, 18 Jahre alt und arbeite in eine, Projekt names Parque Bamboo. Das ist ein ökologisches Projekt, das anfangs den Zweck hatte, einen gewissen Teil der Anden zu renaturieren, da diese dort stark abgebrannt waren. Piet, ein Mann der aus Belgien kommt und vor über zwanzig Jahren das Projekt aufbaut hat, begann Bäume anzupflanzen, damit die Landschaft wieder zu ihrem natürlichen Ursprung kommt. Dieser Prozess ist mittlerweile abgeschlossen und wir kümmern uns nach dem Prinzip der Permakultur um die Instandhaltung dieser Landschaft."

 

2. Welches materielle Gut vermisst du?
"Sehr schwierig, ich denke nicht. Die materiellen Dinge, die ich in Deutschland gerne benutze, habe ich mitgenommen."

 

3. Und wie steht es mit dem Essen? Was magst du hier und was fehlt dir aus Deutschland?
"Mein Lieblingsessen ist eine Art Kürbismus, das eine Mitarbeiterin in unserem Projekt manchmal zubereitet. Allerdings vermisse ich die Vielfalt von Essen in Deutschland, aber wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich sagen, Saucen. Tomatensauce, Sahnesauce, Bratensauce zum Fleisch... Das vermisse ich."

 

4. Hast du mit einer indigenen Kultur oder etwas anderem Außergewöhnlichen zutun?
"Mit einer indigenen Kultur habe ich in meinem Projekt nicht wirklich zu tun. Ansonsten fällt mir auch keine andere ähnliche Besonderheit ein."

 

5. Piet ist vor langer Zeit ausgewandert, um hier etwas Gutes zu tun. Inspiriert dich sein Lebenslauf, auch irgendwann mal auszuwandern und in seine Fußstapfen zu treten?
"Ich finde es bewundernswert, was er alles aufgegeben hat, um sein ganzes Leben in diese Finca zu stecken und den ganzen Tag dort zu arbeiten. Ich glaube aber, für mich wäre es nichts. Für dieses eine Jahr finde ich es sehr cool und mir macht es viel Spaß, aber für einen langfristigen Zeitraum Familie, Freunde und die Heimat zu verlassen, kann ich mir für mich selbst nicht vorstellen. Aber wie gesagt, ich bewundere Piet dafür sehr."

Unknown-7

(Blog von Paula: www.paulainecuador.wordpress.com)